
Pferde, Ställe und Fuhrwerke
Wer heute die alten Stallgebäude auf dem Gelände der ehemaligen Brotfabrik Beckmann sieht, ahnt kaum, welche zentrale Rolle sie einst spielten. Wo heute bei Events die Pop-Up-Bar geöffnet wird und Garagen den Alltag erleichtern, standen früher die Pferde, die den gesamten Betrieb in Bewegung hielten.
Ab den 1870er-Jahren – Der Anfang mit Muskelkraft
Als Wilhelm Beckmann 1870 nach Gelsenkirchen kam und seine kleine Bäckerei gründete, geschah alles zu Fuß oder per Hand. Das Brot wurde anfangs in Körben ausgeliefert, später mit der Schubkarre durch die Straßen getragen. Doch der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Bereits wenige Jahre später konnte ein erstes Pferd angeschafft werden. Ein kleiner Kastenwagen wurde sonntags sogar für Familienausflüge genutzt – gezogen von einem Pony, das liebevoll „unser Pferdchen“ genannt wurde.
1880er bis 1910er – Aufstieg mit Fuhrpark und Stallungen
Mit dem Wachstum der Brotfabrik wuchs auch der Fuhrpark. Die Zahl der Pferde stieg, die Lasten wurden schwerer, die Liefergebiete größer. Im Jahr 1879 ließ Wilhelm Beckmann eine moderne Betriebsanlage mit Dampfbacköfen errichten – und direkt daneben Ställe und eine Remise. Diese Gebäude waren durch einen Hof vom Wohnhaus getrennt und bildeten das logistische Zentrum des Betriebs.
Die Pflege der Pferde war eine tägliche Herausforderung. Glatteis, lange Lieferwege und unachtsame Fahrer bereiteten große Sorgen. Immer wieder mussten Sattler kommen, um das Pferdegeschirr zu reparieren – sie arbeiteten tageweise an einem langen Tisch in der Remise. Die Pferde waren nicht nur Nutztiere, sondern Teil des Betriebsalltags – und wurden mit großer Sorgfalt behandelt.
1920er bis 1950er – Alltag mit Geräuschen, Gerüchen und Bewegung
Über viele Jahrzehnte prägten die Pferde den Rhythmus der Brotfabrik. Das Stampfen in den Ställen, das Rasseln der Wagen und das gleichmäßige Schnauben am frühen Morgen gehörten zur täglichen Geräuschkulisse. Die Versorgung der Tiere, das Ausmisten und Füttern, aber auch das Hufbeschlagen bei Schnee und Glätte – all das war selbstverständlich und wurde meist vom Seniorchef persönlich überwacht.
Auch die Kinder der Familie wuchsen mit den Pferden auf. Sie kannten die Namen der Tiere, wussten, welcher Wagen wohin fuhr, und beobachteten die Abläufe mit Neugier und Respekt.
Heute – Historische Ställe mit neuer Funktion
Heute erinnern nur noch wenige Spuren an diese Zeit. Doch die Ställe – inzwischen zu Garagen umgebaut – stehen noch immer. Und bei Veranstaltungen auf dem Hof öffnen sie sich wieder, mit neuer Funktion. Dann wird die Pop-Up-Bar eingerichtet, Gäste kommen ins Gespräch – und die Vergangenheit tritt für einen Moment wieder ins Licht.
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